In Österreich entbrennt erneut der juristische Kampf um Lootboxen in Videospielen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob Lootboxen in Titeln wie EA Sports FC als Glücksspiel eingestuft werden sollten. Die Kläger argumentieren, dass der Kauf von Ultimate Team-Packs (FUT-Packs) ein Glücksspiel darstellt, da Spielerdurch zufällige Inhalte motiviert werden, Geld zu investieren, um begehrte Spieler zu erhalten – eine Praxis, die sie als besonders problematisch für junge Gamer ansehen.
Aktuelles Urteil: Oberlandesgericht Wien entscheidet für Electronic Arts
Am 24. Oktober 2024 entschied das Oberlandesgericht Wien zugunsten von Electronic Arts (EA). Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die FUT-Packs im aktuellen EA Sports FC nicht als Glücksspiel betrachtet werden müssen.
Der entscheidende Punkt: Der Kläger habe die Packs nicht mit der Absicht erworben, durch Weiterverkauf der Karten Gewinne zu erzielen, was bedeutet, dass hier kein wirtschaftliches Wagnis vorliegt – ein zentrales Kriterium für die Einstufung als Glücksspiel. Somit entfällt die Notwendigkeit, das Geschäftsmodell anzupassen oder den Spielern ihre Ausgaben zu erstatten.
Richard Eibl, Geschäftsführer des Prozessfinanzierers Padronus, zeigte sich von der Entscheidung enttäuscht. Er kritisiert das OLG-Urteil als „rechtlich verfehlt“ und hofft nun auf den Obersten Gerichtshof, der im Jahr 2025 abschließend entscheiden soll. Laut Eibl hatten EA und Sony bereits ein früheres Urteil des Landesgerichts Wien, das den Klägern recht gab, nicht angefochten, um eine Auseinandersetzung vor dem Obersten Gericht zu vermeiden.
EA: Lootboxen als „Spielspaß“ und nicht als Glücksspiel
Electronic Arts verteidigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts und sprach gegenüber dem Portal GamesWirtschaft von einem „richtungsweisenden Urteil.“ EA betonte, dass FUT-Packs nicht als Glücksspiel betrachtet werden, da Spieler sie primär zum Spielspaß erwerben und nicht, um damit Gewinne zu erzielen.
Der Spielehersteller argumentiert, dass es sich um ein freiwilliges, zusätzliches Angebot handelt, das keinen Zwang zur Nutzung ausübt. Gleichzeitig hebt EA hervor, dass viele Spielerkein Geld in die FUT-Packs investieren und das Spiel auch ohne In-Game-Käufe genossen werden kann.
Allerdings belegen Berichte, dass ein erheblicher Teil von EAs Umsatz auf solche Mikrotransaktionen zurückzuführen ist. Kritiker bemängeln, dass der Kauf solcher Packs in vielen EA-Spielen zu einem Wettbewerbsvorteil führen kann – ein Vorwurf, der als „Pay2Win“-Mechanik bekannt ist. Besonders junge Spieler, die sich ohne Packs nicht gegen andere durchsetzen können, fühlen sich oft unter Druck gesetzt, Geld auszugeben.
Glücksspiel, Pay2Win und die Rolle der Jugendschutzbehörden
Lootboxen stehen weltweit in der Kritik, und immer mehr Behörden setzen sich mit der Frage auseinander, ob es sich dabei um Glücksspiel handelt. In Deutschland ist EA Sports FC 25 ab 12 Jahren freigegeben und enthält laut der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) „erhöhte Kaufanreize“ und „Druck zum Vielspielen.“
Das zeigt, dass auch die Jugendschutzbehörden zunehmend ein Auge auf diese Mechaniken werfen. Eine ARD-Dokumentation aus dem Januar 2024 untersuchte das Thema und fragte, ob solche Elemente gezielt auf jüngere Spielerabzielen, um deren Zahlungsbereitschaft zu fördern.
Die Auswirkungen von Lootboxen, die im In-Game-Kauf von FUT-Packs enthalten sind, zeigen sich vor allem in den ersten Tagen nach Veröffentlichung neuer Titel. So verzeichnete EA Sports FC 25 allein in Deutschland über 600.000 verkaufte Exemplare innerhalb von drei Tagen nach der Veröffentlichung Ende September. Es zeigt sich, dass das Geschäftsmodell der Lootboxen EAs Einnahmen maßgeblich beeinflusst und zu enormen Umsätzen beiträgt.
Ausblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs
Das Oberlandesgericht Wien hat mit seinem Urteil für EA eine wichtige Weichenstellung vorgenommen, doch die endgültige Entscheidung über den Status von Lootboxen als Glücksspiel könnte 2025 der Oberste Gerichtshof treffen.
Eine rechtliche Klarstellung würde nicht nur für Österreich, sondern möglicherweise auch für andere europäische Länder wichtige Impulse geben. Die Kläger hoffen, dass der Oberste Gerichtshof eine stärkere Position gegen Lootboxen einnehmen und Rechtssicherheit schaffen wird.
Fazit
Der Streit um Lootboxen bleibt hochaktuell und berührt Grundsatzfragen der Glücksspielgesetzgebung, des Verbraucherschutzes und des Jugendschutzes. Während EA argumentiert, dass Lootboxen Teil des Spielspaßes sind und ohne Gewinnabsicht genutzt werden, sehen Kritiker darin problematische Glücksspielelemente, die Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen zum Geldausgeben animieren.
Die bevorstehende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Österreich könnte nicht nur für EA, sondern für die gesamte Gaming-Industrie eine entscheidende Bedeutung haben.