Am 5. November 2024 hat der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts die Berufungen einer Wettveranstalterin und einer Betreiberin einer Wettvermittlungsstelle in Hannover gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover zurückgewiesen (Az.: 10 LC 13/24 und 10 LC 14/24).
Die Klägerinnen hatten auf Erteilung einer Erlaubnis zur Eröffnung und zum Betrieb der Wettvermittlungsstelle geklagt. Die Entscheidung des Gerichts untermauert die geltenden Abstandsregelungen, die zum Schutz von Kindern und Jugendlichen erlassen wurden und eine Mindestdistanz zwischen Wettvermittlungsstellen und Einrichtungen für Minderjährige vorschreiben.
Hintergrund der Klage: Die geltende Abstandsregelung für Wettvermittlungsstellen
Die rechtliche Grundlage der Entscheidung ist in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes festgelegt. Diese Bestimmung sieht vor, dass Sportwettvermittlungsstellen einen Mindestabstand von 200 Metern zu Einrichtungen oder Orten einhalten müssen, die regelmäßig von Kindern und Jugendlichen besucht werden.
Dazu zählen Schulen, Jugendeinrichtungen und andere Orte, an denen Minderjährige in der Regel ohne erwachsene Begleitung anzutreffen sind. Diese Vorschrift dient dem Kinder- und Jugendschutz und soll durch räumliche Distanz zu Wettvermittlungsstellen verhindern, dass junge Menschen in ihrem Alltag mit Glücksspielangeboten konfrontiert werden.
Die betroffene Wettvermittlungsstelle in Hannover befindet sich jedoch in unmittelbarer Nähe zu einer Grundschule und unterschreitet damit die festgelegte Mindestdistanz von 200 Metern deutlich. Dies war der Hauptgrund, warum das Verwaltungsgericht Hannover die Klagen auf Erlaubniserteilung bereits in erster Instanz abgewiesen hatte.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts: Abstandsregelung als verhältnismäßiger Schutz
Das Verwaltungsgericht Hannover hatte im Jahr 2023 die Klagen abgelehnt, da die Erlaubnis zur Eröffnung und zum Betrieb der Wettvermittlungsstelle aufgrund der Nichteinhaltung der Abstandsregelung verweigert werden musste. Die Klägerinnen hatten argumentiert, dass diese Regelung ihre Berufsausübungsfreiheit sowie die Dienst- und Niederlassungsfreiheit nach europäischem Recht unzulässig einschränke.
Doch das Verwaltungsgericht befand, dass der Eingriff in die Rechte der Klägerinnen durch den legitimen Zweck der Suchtprävention und des Jugendschutzes gerechtfertigt sei. Laut dem Verwaltungsgericht entspricht die Abstandsregelung den verfassungsrechtlichen Anforderungen und sei mit europäischem Recht vereinbar.
Die Berufsausübungsfreiheit werde durch den Schutz von Kindern und Jugendlichen in einem angemessenen und verhältnismäßigen Maß eingeschränkt. Das Ziel dieser Regelung sei es, Kinder und Jugendliche möglichst wenig mit Glücksspielangeboten in Berührung zu bringen, was das Gericht als berechtigtes Interesse im Sinne des Gemeinwohls betrachtete.
Oberverwaltungsgericht bestätigt die Entscheidung und weist Berufungen zurück
Nachdem das Verwaltungsgericht Hannover die Erlaubnis zum Betrieb der Wettvermittlungsstelle aufgrund der Abstandsregelung verweigert hatte, legten die Klägerinnen Berufung ein. Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts wies diese Berufungen nun zurück und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz.
Laut dem Oberverwaltungsgericht steht die Abstandsregelung nicht nur im Einklang mit dem Verfassungsrecht, sondern auch mit dem Unionsrecht. Das Gericht betonte, dass die unterschiedlichen Regelungen für verschiedene Arten von Glücksspielangeboten – wie etwa Wettvermittlungsstellen im Vergleich zu Spielhallen oder LOTTO-/TOTO-Annahmestellen – zulässig und verhältnismäßig seien, solange sie geeignet sind, die jeweiligen Schutzziele zu erreichen.
Die Klägerinnen hatten zudem argumentiert, dass für Spielhallen und LOTTO-/TOTO-Annahmestellen keine vergleichbaren Abstandsvorgaben bestünden. Das Oberverwaltungsgericht stellte jedoch klar, dass der Gesetzgeber verschiedene Glücksspielarten auch unterschiedlich regulieren könne, wenn dies dem Schutz vor Spielsucht und dem Jugendschutz diene. Die Abstandsregelung für Wettvermittlungsstellen sei damit verhältnismäßig und diene dem Schutz von Kindern und Jugendlichen, ohne die Berufsausübungsfreiheit oder das allgemeine Gleichheitsrecht unangemessen einzuschränken.
Kein Anspruch auf Bestands- oder Vertrauensschutz
Ein weiterer Punkt der Klage war das Argument der Klägerinnen, dass ihre Wettvermittlungsstelle in den Vorjahren teilweise geduldet worden sei, obwohl keine offizielle Erlaubnis vorlag. Sie führten aus, dass sie aufgrund dieser Duldung einen Anspruch auf Bestands- oder Vertrauensschutz hätten.
Das Gericht wies dieses Argument zurück und stellte klar, dass eine bloße Duldung nicht zu einer Legalisierung führen könne. Ohne eine formale Erlaubnis entstünden keine schützenswerten Rechte für die Klägerinnen, da der Betrieb ihrer Wettvermittlungsstelle in der Vergangenheit nicht genehmigt worden war.
Keine Revision zugelassen – nur Beschwerde möglich
Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dies bedeutet, dass die Klägerinnen gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts keine Berufung in einer höheren Instanz einlegen können.
Es bleibt ihnen lediglich die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Diese Beschwerde muss begründet werden und kann nur dann Erfolg haben, wenn das Bundesverwaltungsgericht den Fall als von grundsätzlicher Bedeutung oder das Urteil als rechtsfehlerhaft ansieht.
Fazit
Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts bestätigt die Abstandsregelung im Niedersächsischen Glücksspielgesetz als verhältnismäßig und mit dem Verfassungs- sowie Unionsrecht vereinbar. Die Entscheidung stärkt damit die Rechtsposition des Gesetzgebers im Hinblick auf den Jugendschutz und die Suchtprävention.
Indem das Gericht den Berufungen der Klägerinnen nicht stattgab, unterstreicht es, dass die Abstandsregelung nicht nur ein wichtiges Mittel zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor dem Einfluss von Glücksspiel ist, sondern auch im rechtlichen Sinne tragfähig und durchsetzbar bleibt.
Für die Betreiber von Wettvermittlungsstellen bedeutet dieses Urteil, dass sie bei der Standortwahl streng auf die Abstandsregelungen achten müssen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und nicht Gefahr zu laufen, dass ihnen die Erlaubnis verweigert wird.