Die Situation auf dem österreichischen Glücksspielmarkt ist komplex und für viele Akteure unbefriedigend. Obwohl ein gesetzliches Glücksspielmonopol besteht, das derzeit von den Casinos Austria AG (Casag) gehalten wird, dringen illegale Anbieter in den Markt ein.
Besonders im Bereich des Online-Glücksspiels dominieren Unternehmen ohne gültige Konzession wie Bwin und William Hill große Marktanteile. Diese Situation führt nicht nur zu wirtschaftlichen Herausforderungen, sondern auch zu erheblichen Problemen im Spielerschutz. Mit den bevorstehenden Regierungsverhandlungen gewinnt die Debatte über die Zukunft des österreichischen Glücksspielmarktes an Brisanz.
Der Online-Glücksspielmarkt: Ein Monopol unter Druck
In Österreich darf nur ein einziger Anbieter legal Online-Glücksspiel betreiben: Win2Day, eine Marke der Österreichischen Lotterien und damit Teil der Casinos Austria AG. Die Grundidee hinter diesem Monopol ist klar: Weniger Anbieter sollen eine bessere Kontrolle über den Glücksspielmarkt ermöglichen und damit den Spielerschutz stärken.
Allerdings sieht die Realität anders aus. Illegale Online-Kasinos besetzen weiterhin einen beträchtlichen Teil des Marktes, der je nach Schätzungen zwischen 40 und 60 Prozent liegt. Diese Anbieter, die meist ihren Sitz in Malta haben, bieten ihre Dienste weiterhin in Österreich an und leisten sogar Steuern auf ihre Glücksspielerträge, was die Regierung mit der Bundesabgabenordnung (BAO) rechtfertigt.
Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen das Finanzministerium, das aufgrund seiner unterschiedlichen Rollen im Glücksspielsektor Interessenkonflikte haben könnte. Die Republik Österreich ist über die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) mit einem Drittel an der Casag beteiligt. Kritiker fordern daher eine unabhängige Glücksspielaufsicht, die auch im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition vorgesehen war, jedoch bisher nicht umgesetzt wurde.
Sportwetten: Ein unregulierter Boom
Anders als beim klassischen Glücksspiel genießen Sportwetten in Österreich weitgehend regulierungstechnische Freiheiten. Im Gegensatz zu Spielen wie Roulette oder Black Jack werden Wetten nicht als Glücksspiel eingestuft. Das bundesweite Glücksspielmonopol greift hier nicht, da die Regulierung in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt. Dies führt zu uneinheitlichen Regelungen mit unterschiedlichen Standards beim Spielerschutz, wenigen Werbebeschränkungen und kaum einer Regulierung des Online-Bereichs.
Die Folgen dieser Lücken im System sind deutlich: Der Markt für Sportwetten boomt, was auch in der Steuerstatistik sichtbar wird. Während 2013 noch rund 800 Millionen Euro in Sportwetten flossen, waren es 2023 bereits 3,8 Milliarden Euro. Besonders bedenklich ist, dass viele der großen Wettanbieter sowohl legale Sportwetten als auch illegales Glücksspiel anbieten. Dieser Bereich wächst unreguliert weiter und entzieht sich weitgehend der staatlichen Kontrolle.
Für Suchthilfestellen ist dies ein Alarmsignal. Laut ihren Schätzungen gibt es in Österreich zwischen 80.000 und 100.000 Spielsüchtige oder Suchtgefährdete, und die Zahl steigt weiter. Viele Experten fordern daher, Sportwetten als Glücksspiel zu klassifizieren und somit strengeren Regeln zu unterwerfen. Ein offener Brief, der von hunderten Fachleuten unterzeichnet wurde, fordert genau dies: Strengere Regelungen und einheitliche Standards, um den Spielerschutz auch im Bereich der Wetten zu gewährleisten.
Die politische Dimension: Reformdruck auf die Regierung
Mit den anstehenden Regierungsverhandlungen steigt der Druck auf die politischen Entscheidungsträger, den Glücksspielmarkt zu reformieren. Vor allem die Frage, ob Sportwetten als Glücksspiel eingestuft werden sollen, steht im Raum. Eine solche Änderung würde massive Auswirkungen auf den Markt haben, da das verfassungsrechtliche Glücksspielmonopol greifen würde.
Dies würde bedeuten, dass nur noch der Monopolist Win2Day legale Online-Sportwetten anbieten dürfte. Die großen Wettanbieter, die ihre Umsätze mit einer Mischung aus legalen Wetten und illegalem Glücksspiel erzielen, würden sich mit aller Kraft gegen diese Entwicklung wehren. Die Interessenvertretung der Glücksspielkonzerne, die Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG), fordert daher ein transparentes Lizenzierungssystem für private Online-Glücksspielanbieter.
Damit soll das Monopol aufgebrochen und der Markt für private Anbieter geöffnet werden. Die Casinos Austria AG, die aktuell das Monopol innehat, lehnt dies entschieden ab. Auf Anfrage betont das Unternehmen, dass das österreichische Glücksspielsystem „insbesondere im Sinne des Spielerschutzes gut funktioniert“. Sollte es dennoch zu einer Reform kommen, plädiert die Casag für strengere Maßnahmen gegen illegale Anbieter, wie IP- und Payment-Blocking, um diese vom Markt zu verdrängen.
Spielerschutz: Ein ungelöstes Problem
Trotz der bestehenden Regulierungen gibt es beim Spielerschutz erhebliche Probleme. Suchthilfestellen beklagen, dass insbesondere im Online-Bereich die Kontrollen oft nicht ausreichend greifen. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Umsetzung von Selbstsperren. Spieler, die sich selbst vom Glücksspiel ausschließen, haben oft Wege gefunden, diese Sperren zu umgehen.
Obwohl Österreich eines der strengsten Glücksspielgesetze Europas hat, sind viele der bestehenden Regelungen nicht effektiv genug, um die Spieler vor den Gefahren der Spielsucht zu schützen. Dies gilt insbesondere für den Online-Markt, der von illegalen Anbietern dominiert wird. Diese bieten ihre Dienste weiterhin an, ohne dass es ausreichende Maßnahmen gibt, sie vom Markt zu verdrängen.
Fazit: Reformbedarf und Zukunftsaussichten
Die aktuelle Situation auf dem österreichischen Glücksspielmarkt ist höchst problematisch. Trotz eines gesetzlichen Monopols dominieren illegale Anbieter weiterhin große Teile des Marktes, während der Spielerschutz in vielen Bereichen unzureichend bleibt. Besonders im Online-Bereich und bei Sportwetten sind dringend Reformen notwendig, um die Integrität des Marktes zu wahren und Spieler besser zu schützen.
Der Druck auf die kommende Regierung ist groß. Nicht zuletzt, weil die Glücksspielkonzessionen Mitte 2027 neu vergeben werden müssen. Laut einer Empfehlung des Rechnungshofs sollte die nächste Ausschreibung bereits Anfang 2025 erfolgen. Die Frage, ob das Glücksspielmonopol aufrechterhalten bleibt oder private Anbieter eine größere Rolle spielen werden, wird eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre sein.