Das Verwaltungsgericht Gießen hat kürzlich mehrere Klagen überwiegend abgewiesen, die von Veranstaltern von Sportwetten erhoben wurden.
Ziel der Klagen war es, die rechtliche Klärung darüber zu erlangen, ob nicht der lokale Wettvermittler, sondern der Veranstalter selbst eine glücksspielrechtliche Erlaubnis einholen muss. Die Kläger, Unternehmen mit Sitz in Malta, hatten für ihre Wettvermittlungsstellen in Hessen Klärung darüber gefordert, wer als Adressat der Erlaubnisbescheide zu gelten habe.
Hintergrund der Klagen: Wer muss die Erlaubnis einholen?
Die Kläger betreiben Wettvermittlungsstellen in den Landkreisen Gießen, Lahn-Dill und Wetterau und beauftragten deutsche Firmen mit der Vermittlung der Wetten. In ihren Anträgen auf eine Erlaubnis für den Betrieb von Wettvermittlungsstellen wurden ihnen mehrere Nebenbestimmungen auferlegt, gegen die sie sich gerichtlich zur Wehr setzten.
Zentraler Streitpunkt war, wer nach deutschem Recht die Erlaubnis einholen muss: die in Malta ansässigen Wettveranstalter oder die lokalen Vermittler in Deutschland. Die Kläger argumentierten, dass die Dreieckskonstellation zwischen dem Staat, dem Veranstalter und dem Vermittler, wie sie das hessische Glücksspielrecht vorsieht, gegen das europäische Recht verstoße, insbesondere gegen die Dienstleistungsfreiheit.
Sie verwiesen darauf, dass in anderen Bereichen des Glücksspiels, etwa bei Spielbanken, Spielhallen oder Pferdewettvermittlungsstellen, die Erlaubnis stets dem lokalen Betreiber erteilt werde. Zudem argumentierten sie, dass andere Bundesländer den Glücksspielstaatsvertrag anders umsetzten und den Veranstalter nicht als primären Adressaten der Erlaubnis betrachteten.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts: Erlaubnispflicht bleibt beim Veranstalter
Der Einzelrichter der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen kam zu dem Ergebnis, dass die in Hessen geltende Regelung, wonach der Wettveranstalter die alleinige Antragspflicht trägt, verfassungskonform und mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Die Erlaubnispflicht für den Veranstalter soll eine effektivere Kontrolle der Wettvermittler durch die Aufsichtsbehörden ermöglichen.
Das Gericht betonte, dass der Veranstalter der eigentliche wirtschaftliche Verantwortliche für die Wettvermittlungen sei. Der lokale Vermittler handele ausschließlich im Auftrag des Veranstalters und sei daher nicht in der Lage, eigenständig tätig zu werden. Dies rechtfertige die Erlaubnispflicht des Veranstalters.
Zudem sei ein Eingriff in die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit durch die Vorschriften des hessischen Glücksspielrechts zulässig, da sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, wie den Jugend- und Spielerschutz sowie die Prävention von Spielsucht und Manipulation im Sport, gerechtfertigt sei.
Glücksspielsucht und Schutz vor Manipulation als oberstes Ziel
Ein wesentliches Argument des Gerichts für die Beibehaltung der Erlaubnispflicht beim Veranstalter ist der Schutz der Gesellschaft vor den Gefahren des Glücksspiels. Die strenge Regulierung des Glücksspiels in Deutschland verfolgt mehrere Ziele: Neben der Prävention von Glücksspielsucht und der Förderung des Jugend- und Spielerschutzes soll auch die Integrität des sportlichen Wettbewerbs gewahrt werden.
Dies soll insbesondere Manipulationen durch unerlaubte Wetten verhindern. Das Gericht wies darauf hin, dass die Aufrechterhaltung dieser Schutzziele eine Kontrolle der Wettvermittler durch die Behörden erfordere, was nur durch die direkte Verantwortlichkeit des Veranstalters gewährleistet werden könne.
Der Veranstalter habe als wirtschaftlich Verantwortlicher das größte Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und trage daher die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Wettvermittlungen.
Noch keine Rechtskraft: Berufung möglich
Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen, die am 16. September 2024 ergingen (Az.: 4 K 2658/23.GI u. a.), sind noch nicht rechtskräftig. Die Kläger haben die Möglichkeit, binnen eines Monats die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu beantragen. Sollte es zu einer Berufung kommen, könnte der Fall vor einer höheren Instanz weiter verhandelt werden.
Fazit: Stärkung der staatlichen Kontrolle über den Glücksspielmarkt
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen stärkt die Position der staatlichen Aufsichtsbehörden im Bereich des Glücksspiels. Durch die Bestätigung der alleinigen Antragspflicht des Wettveranstalters soll eine effektivere Kontrolle des Marktes ermöglicht werden.
Die Entscheidung zeigt, dass die deutschen Gerichte die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere den Spielerschutz und die Verhinderung von Manipulation im Sport, als vorrangig betrachten.
Für die betroffenen Wettveranstalter bedeutet dies jedoch, dass sie weiterhin die Hauptverantwortung für die Einholung der notwendigen Erlaubnisse tragen. Dies könnte in der Praxis zusätzliche Hürden für internationale Unternehmen darstellen, die auf dem deutschen Glücksspielmarkt tätig werden wollen.